Wespen

Dorfteich 1991
Dorfteich 2011

Am 12.09. um 19:00 Uhr lud die Bürgerinitiative Gnadau / Wespen zu einer Informationsveranstaltung  zum Thema Grundwasserproblematik ein. Prof. Reinstorf vom Fachbereich Wasser- und Kreislaufwirtschaft der Hochschule Magdeburg Stendal stellte erste Zwischenergebnisse des Gutachtens vor. Unterstützt wurde er von Vertretern des Ingenieurbüro Grontmij. Die Stadt Barby vertrat Bauamtsleiter Herr Goldschmidt.

Im Rahmen seines Vortrags zeigte Prof. Reinstorf geografischen Karten, welche die problematische Grundwassersituation im Elb- Saale- Winkel und speziell in Gnadau und Wespen darstellten. Die überwiegenden Bereiche der bebauten Flächen beider Ortschaften weisen einen Grundwasserstand von weniger als 1,90m zum Geländeniveau auf. Damit stehen entweder die Keller unter Wasser oder die Fundamente werden durch die Kapillarwirkung des Bodens einer erhöhten Feuchtigkeit ausgesetzt. Auf Nachfrage, warum von den durch die Bürgerinitiative geforderten 2,50 m abgewichen wurde, antwortete Prof. Reinstorf, dass die Kosten mit jedem Zentimeter überproportional stiegen. Das Gutachten hätte auch zum Ziel, finanzierbare Varianten vorzustellen.

Prof. Reinstorf und seine Mitarbeiter rechneten verschiedene Varianten zur Entwässerung der betroffenen Gebiete durch. Dabei stellte sich für beide Ortschaften heraus, dass nur durch die Pflege und Erneuerung von Gräben eine natürliche Entwässerung auf 1,90 m nicht zu erreichen ist. In Gnadau wäre zusätzlich eine Tiefendränage notwendig, dessen Wasser über eine Druckleitung am Ort vorbei, in den Randelgraben weggeführt werden müsste. Für Wespen wurden verschiedene Varianten der Absenkung anliegender Kiesseen (Seepark, Barby, Tornitz) verglichen. Die Wirkung auf das einige Kilometer entfernt liegende Wespen wäre nur gering (5-8 cm). Auch hier wäre ein Abpumpen im Ort und Wegführung, beispielsweise zum Iritzer Graben, notwendig. Dies entspricht auch den Erfahrungen vor Ort. Das Abpumpen des Dorfteiches führte immer unmittelbar zu spürbar sinkenden Wasserständen in den Kellern.

Auf die Ursachen des ansteigenden Grundwasserpegels im Elb- Saale- Winkel angesprochen, erklärte Prof. Reinstorf, dass dies weniger dem Klima der vergangenen Jahre noch dem Klimawandel zuzuschreiben sei. Man müsse davon ausgehen, dass der Elb- Saale- Winkel schon in der Frühzeit ein eher feuchtes Gebiet gewesen sei. Namen in alten Flurkarten bezeugen dies (z.B. „Sauren Zeitz“, „Sumpf“). Im Zuge der Industrialisierung wurde immer mehr Wasser entnommen. Das Trinkwasser wurde im Wasserwerk Barby gewonnen, die intensiv bewirtschaftete Landwirtschaft entnahm viel Wasser, Industriebetriebe hatten einen hohen Wasserbedarf. Mit den sinkenden Grundwasserständen rückte die Besiedelung auf die nun trocken werdenden Flächen vor.

Nach 1989 erfolgte ein politischer, wirtschaftlicher und damit auch struktureller Wandel. Betriebe mussten schließen, die Preise für Energie und Wasser führten zur sparsamen Wasserverwendung. Das Wasserwerk in Barby mit seinem Brunnensystem entlang der Elbe wurde geschlossen. Das Leitungswasser kommt nun aus der ca. 50 km entfernten Colbitz- Letzlinger Heide. Mit sinkenden Entnahmemengen steigt das Grundwasser.

Auf den Einfluss der Kiesseen angesprochen, erläuterte Prof. Reinstorf zwei Effekte. Durch den Kiesabbau tritt das Grundwasser an die Oberfläche und kann verdunsten, was positiv zu sehen wäre. Kiesseen stehen aber auch dem unterirdischen Grundwasserfluß im Wege. Wo der unterirdische Grundwasserfluss auf einen Kiessee stößt, würde sich der Grundwasserstand wenige Zentimeter erhöhen, auf der gegenüberliegenden Seite würde der Grundwasserstand wenige Zentimeter zurückgehen.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Ortschaften Gnadau und Wespen gravierende Grundwasserprobleme haben, die auch schon durch das vorläufige Gutachten wissenschaftlich nachgewiesen wurden. Die Ursachen sind strukturelle Natur und damit dauerhaft gegeben und keineswegs Wetterbedingt und nur vorrübergehender Art. Somit sollten wir uns dafür einsetzen, dass die Grundwasserproblematik im Elb- Saalewinkel als strukturpolitisches Problem anerkannt wird.

Volker Röhl
Ortschaftsrat Wespen